Blick von untenAnstelle von Massivität, Solidität, Dauer und »Ordnung« vermittelt diese Wand das Gefühl von Schwanken, Unsicherheit und Bewegung. Was wir von einem Mauerwerk erwarten, wird nicht eingelöst. Als Wand teilt diese hängende Mauer den Treppendurchblick und macht ihn eng; als perforierte Mauer, als Vorhang von der Decke (vom Parkettboden) hängend, verbindet dieses plastische Bild die getrennten Raumhälften verstärkt, macht auf unterschiedliche Situationen aufmerksam.
Wir wissen, wie ein Fußboden und wie ein Plafond aussieht, und reagieren entsprechend verwundert, wenn wir alles auf den Kopf gestellt finden. Huber verwendet als »Boden-Decke« aber kein beliebiges Parkett, sondern ein altes, genarbtes, das Spuren von Leben trägt; also eines, auf dem Menschen gelaufen sind, wodurch das Ganze noch verwunderlicher wird. Bereits 1982/83, als Stephan Huber in der Installation Ich liebe dich für die Ausstellung »Aktuell '83« im Lenbachhaus arbeitete, verwendete er diese alten Eichenriemen, die im Keller des Hauses gelagert waren (S. 124).

Bei aller Extremität und Ungewohntheit, die in dieser Arbeit angelegt ist, hat sie zugleich auch etwas verblüffend Normales. Dem Staunen begegnet fast im gleichen Moment ein Vertrauen ins »Normale«. Es handelt sich um so einfache Elemente wie Mauer und Fußboden, Dinge, die wir alle schon oft gesehen haben, die wir kennen, die uns nichts weiter bedeuten, mit dem einzigen Unterschied, daß wir sie so noch nicht gesehen haben.

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