Das Stiftermosaik

Im Foyer es neuen Museums wird an zentraler Stelle ein 20qm großes Mosaik in die Wand eingelassen. Das zeilenartig gelegte Schwarzweißmosaik (20 Graustufen) hat die Anmutung einer Fotografie. Aus der Entfernung ergibt sich ein präzises Bild, aus der Nähe löst es sich in eine abstrakte malerische Oberfläche, in Unschärfe auf. Dargestellt sind Personen, die im Laufe der letzten einhundertsechzig Jahre das Museum direkt oder indirekt geprägt haben. Sammler wie Maximilian Speck von Sternburg, Stifter wie Wolf-Dietrich Speck von Sternburg, Hermann Härtel oder Peter und Marion Bühler-Brockhaus und viele andere. Die um einen Tisch gruppierten Akteure dieses narrativen Bildes befinden sich in einer Diskussion über das Modell des neuen Museums. Die Protagonisten des Gespräches sind Maximilian Speck von Sternburg, dessen Sammlung Grundstock des Leipziger Museums ist sowie der ihm bekannte Leo von Klenze, der Architekt vieler idealer Museumsbauten war, und Caspar David Friedrich, von dem sich nicht nur wichtige Bilder in der Sammlung befinden, sondern der auch freundschaftlich mit Maximilian Speck von Sternburg verbunden war. Diese drei Personen bilden das „dramaturgische Dreieck“ der Komposition. Eine genaue Legende aller weiterer abgebildeten Personen wird später im Museumsfoyer ausliegen. Die Zuhörer um den Tisch sind zusammengefasst in einer Momentaufnahme, einer Gleichzeitigkeit verschiedener Epochen. Bestandteile dieser Simultanität sind nicht nur Fotoapparat, Freischwinger und biedermeierliches Rüschenhemd, sondern auch die in die Zukunft weisenden Kinder, im Vordergrund meines zeitgenössischen Historienbildes, aber auch die im Hintergrund befindlichen Landkarten, eigene Arbeiten aus dem Jahre 2001, die dem Museum der bildenden Künste gehören.
Das Mosaik als eine der ältesten und erhabensten Kunsttechniken, in diesem Falle unterstützt vom Computer und befreit von der persönlichen Handschrift des Verlegeduktus, nobilitiert die Freunde und Förderer des Museums. Das Mosaik ist eine Bestandsaufnahme des privaten Engagements für das Leipziger Kunstmuseum. Im Gegensatz zu den üblichen marmornen, typografischen Stiftertafeln wird hier Geschichte und bürgerliches Engagement für die Kunst anschaulich und selbst zu einer Kunstform. Es ist durchaus denkbar, auch zukünftige Stifter in dieses Mosaik einzufügen. Ich halte diese besondere Hervorhebung von Stiftern und Förderern in einer Zeit, in der sich Staat und Städte immer mehr aus der Kulturförderung zurückziehen und diese privaten Initiativen überlassen, auch für ein bildhafte Mahnung an die öffentliche Hand.

Stephan Huber


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