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Die Rettung
Potemkinsche Dörfer in Latein, chinesische Schriftzeichen in Mathematik, das Unvermögen Berge zu versetzen in Französisch. Mon dieu, es ist 35 Jahre her, dass sich der kleine Stephan Huber zum Abitur quälte. Natürlich gab es „Sensationen“ im Gymnasium:
Maria in der Parallelklasse, das Rauchen im Landschulheim oder der perfekte Spickzettel im drehbaren Kugelschreiber. Doch dies war die Peripherie der Erziehung, im Zentrum gab es neben Deutsch, und hier vor allem Brecht und Kleist, nur eines was interessierte: der Kunstunterricht. Der Kunstunterricht war die Rettung, das Lustbetonte, die Versöhnung. Es war viel mehr als der „Puffer“ zwischen zwei aufzehrenden Hauptfächern, es war meine damalige Batterie der Lebenskraft. Günther Eberlein, mein gymnasialer Kunsterzieher hat mir Menschlichkeit (heute sagt man soziale Kompetenz) vermittelt, Kraft zum Unorthodoxen gegeben, Stärke zum eigenen Ich und Liebe zur Kunst.
Er und sein Fach haben mein Abitur gerettet.
35 Jahre später, als erfolgreicher Künstler und Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie München, sehe ich mit Schrecken wie der Kunst- und Musikunterreicht an den Gymnasien immer mehr zurückgedrängt wird. Wie die Konditionierung auf das spätere Berufsleben bereits in Unter- und Mittelstufe drängt. Man mag mich für einen unverbesserlichen Idealisten halten, aber ich glaube, Kultur prägt und unterscheidet den Menschen. Kultur macht ihn einzigartig: Kultur gibt ihm mitteilenswerte Erfahrung, Freiheit im Ausdruck und Unabhängigkeit.
Dies ist der Grund warum ich vielen Studenten rate, Kunsterzieher zu werden und warum ich mich an der Stiftung art 131 beteilige.
Die Bereitschaft, das Interesse und die Lust an der Kunst wird in der Schule geboren.
Dies später zu entwickeln ist schwieriger. Eine Gesellschaft, die diese Bereitschaft und Lust nicht trägt ist energielos und phantasielos.
Stephan Huber
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